Deutschland: Andere Bundesländer, andere Worte – warum der Pfannkuchen ein Berliner ist

Dass die Kartoffel regional unterschiedlich benannt ist, begründet sich meist im Dialekt: Erdapfel, Grundbirne (Grumbiere; Grumbeere), Erdbirne, Potaten. Dass aber verschiedene Gebäcke je nach Bundesland in Deutschland komplett unterschiedlich bezeichnet werden, ist ein weiteres Phänomen. Diesem wollen wir in diesem Blog-Beitrag auf den Grund gehen und auch erklären, warum der Berliner ein Pfannkuchen ist.

Was Frühstücksbrötchen mit Plätzchen gemein haben

Rosenweckle
Rosenweckle

Brötchen ist ein hochdeutsches Wort bzw. die vornehmlich norddeutsche Bezeichnung, die in den meisten Dialekten trotz eigener Benennung verstanden wird. In Bayern kann das anders aussehen. Sei es aus Regionalstolz oder tatsächlich aus Unwissenheit, wer in Bayern beim Bäcker ein Brötchen bestellt, könnte auf taube Ohren stoßen. Dort gilt für das kleine Brot zum Frühstück nur die Semmel. Weckerl und Laiberl sind anders geformte Brötchen als die Semmel.

In Baden heißen die Brötchen Weckle, Weckli, Wecken oder Weck. Mal ganz abgesehen von den Unterarten des Brötchens in ganz Deutschland selbst: Kaisersemmeln, Weizenweck, Rosenweckle, Baguettebrötchen, Körnerweck, Spitzweck, Roggenbrötchen oder eine Badische Seele.

Aber Achtung mit der Aussprache. Brötchen im alemannischen (badisch oder schwäbisch beispielsweise) wird „Brödle“ ausgesprochen. Wer aber Brödle bestellt, erhält Plätzchen, denn der Südwest-Deutsche erkennt ausschließlich das hochdeutsch gesprochene „Brötchen“ oder das badische „Weckle“ als tatsächliches Brötchen an, zu den Weihnachtskeksen sagt er „Brödle“ oder „Brä/edle“.

Und wer in Thüringen und Sachsen eine Semmel bestellt, erhält das im Baden geläufige „Doppelweck„, nur wer „Brötchen“ möchte, bekommt die herkömmlichen Weizenbrötchen. In Hamburg gibt es übrigens auch das Rundstück oder die Schrippe und von Österreich und der Schweiz fangen wir lieber erst nicht an.

Die Semmel jedenfalls stammt vom lateinischen Wort für Weizenmehl, „simila“, ab und die Schrippe wurde danach bezeichnet, dass das Brötchen mit einem Messer eingeritzt wird („schripfen“). In Mecklenburg-Vorpommern gibt es auch die Bömmel, während die Franken auch das Kipferl kennen, was leicht mit den Vanillekipferl verwechselt werden können, oder die Stolle, die an den Weihnachtsstollen erinnert und das Gehirn komplett überfordert. Auf Platt wird das Brötchen auch Stüütkes oder Stuuten genannt, was grundsätzlich „Weißbrot“ bedeutet.

So oder so sieht es jedoch so aus, als könnten wir in Deutschland nicht beim Frühstück verhungern, solange wir Schildchen lesen und mit dem Finger darauf deuten können.

Hildabrötchen sind wahre Spitzbuben

Linzer-Augen-Ausstecher
Linzer-Augen-Ausstecher

Die Brötchen folgen fort, denn die Plätzchen lassen sich sprachlich leicht mit ihnen verwechseln. Die Linzer Augen haben in jedem Fall die Spitzbuben im Blick, die auch Hildabrötchen genannt werden.

Gemeint sind die leckeren Mürbeteigplätzchen, die mit roter Marmelade oder Gelee gefüllt und mit Puderzucker bestäubt zu Weihnachten angeboten werden. Die traditionelle Form ist rund und könnte als Doppelkeks mit Geleefüllung bezeichnet werden. Die größere Variante weist meist drei, die kleinere ein Loch im oberen Keks auf.

Spitzbuben
Spitzbuben

Linzer Augen sind in der Regel die gängige Bezeichnung, doch im Süden Deutschlands, in Österreich und in der Schweiz werden sie auch als Spitzbuben bezeichnet und in Baden gerne auch Hildabrötle, wobei wir wieder bei den Brötchen wären, die nur hochdeutsch ausgesprochen zu den Semmeln führen.

Weihnachtsplätzchen

Dass die Plätzchen in Baden auch „Brödle“ genannt werden, wurde schon erwähnt, doch in ganz Deutschland gibt es unterschiedliche Bezeichnungen für die weihnachtlichen Leckereien. Allein in Südbaden herrschen unterschiedliche Begriffe vor:

Springerle
Springerle
  • Zuckerbrötli
  • Bredli/Bredle
  • Springerli/Springerle
    (andernorts bezeichnen diese nur ganz spezielle Plätzchen)
  • Gutseli/Gutsele
    (in Südbaden würde man lediglich Bonbons so nennen)

Weitere Begriffe über Deutschland verteilt:

  • Kekse
    Mitteldeutschland & Österreich
  • Biscuits
    Schweiz
  • Platzerl, Loible, Bredla
    Bayern

Das Fleischpflanzerl gibt’s auch als Bulette

Die Wortverwirrungen sind natürlich auch außerhalb der Backwelt zu finden und eines der bekanntesten Beispiele sind aus Hackfleisch gebratene, runde Fleischscheiben, die plattgedrückt auch als Hamburger-Fleisch verwendet werden können. Eine Übersicht der Bezeichnungen:

Frikadelle
Frikadelle
  • Frikadelle
    älteste Bezeichnung von allen; ursprünglich vom französischen „fricandeau“
  • Fleischpflanzerl
    eine urbayrische Bezeichnung von „Fleischpfannzelte“ („Zelte“ bezeichnet einen flachen Kuchen)
  • Faschiertes Laibchen/Fleischlaberl
    auch eher in Bayern
  • Fleischküchle
    eher im Frankenland und Baden-Württemberg geläufig
  • Bratklops/Klops
    vom schwedischen „kalops“ für „gebratene Fleischscheibe“ bzw. vom „kloppen“ (geklopftes Fleisch)
  • Bulette/Boulette
    im Nordosten Deutschlands vom französischen „boulette“
  • Hackhuller/Huller/Gehackteshuller
    aus dem Thüringer Raum
  • Gewiegtes/Gewietebrutl
    vor allem in Sachsen
  • Hacksteak
    die größere Variante; auch Beefsteak genannt

Am besten schmecken Frikadellen übrigens mit Kartoffelpüree, Erdäpfelpüree, Erdäpfelstock, Stampfkartoffeln, Quetschkartoffeln, Aligot, Zamet, Abernmauke, Stampfkartoffeln oder schlicht und einfach Kartoffelbrei.

Der Weckmann ist ein wahrer Stutenkerl

Zum Nachtisch soll es natürlich was Süßes geben und gerade zum Martinstag oder an Nikolaus bietet sich der leckere Hefekerl an, den man ebenfalls regional unterschiedlich bezeichnet:

Weckmann
Weckmann
  • Weckmann/Weckenmann
    zurückzuführen auf die Teigart (Weck/enteig)
  • Klausemann
    stammt vom Namen des heiligen Nikolaus ab
  • Grättimaa/Grittibänz
    v. a. in der Schweiz
  • Stutenkerl/Stutenmännchen
    Stuten ist ein Begriff für „Rosinenbrot“
  • Dambeidei
  • Krampus
  • Puhmann
  • Buckmann/Buggemann
    beschreibt den dicken Bauch des Teigkerls
  • Ditz
  • Maddinsmänl/Martinsbrot
  • Weggbopp
  • Baselmann
  • Elggermaa

Die Form haben sie alle gleich: einen Mann mit Rosinenaugen.

Der Berliner Pfannkuchen ist kein Omelett

Berliner-Backmischung
Berliner-Backmischung

Sie gibt es das ganze Jahr über, doch vor allem zu Fastnacht/Karneval sind sie eines der beliebtesten, kalorienreichsten Gebäcke, die beim Bäcker gekauft oder selbst herstellt werden können. Im runden frittierten Hefeteig befindet sich ein Klecks köstlicher Marmelade und beim Reinbeißen werden die Lippen mit Zucker gepudert, wobei es sie auch glasiert gibt. Doch wie heißen sie nun?

In Berlin können Berliner nur selten erworben werden, sie leben eher dort. Der Berliner bestellt Pfannkuchen oder allenfalls Berliner Pfannkuchen, wenn er die leckeren Krapfen kaufen möchte. Andernorts werden sie auch Kreppel, Krebbel, Puffel oder Berliner Ballen genannt und im Süden Deutschlands werden ausschließlich Berliner bestellt.

Pfannkuchen
Pfannkuchen

Wer dort Pfannkuchen möchte, erhält platte Fladen aus Mehl-Ei-Milch-Teig, die in der Pfanne gebraten sind. Anderorts heißt dieser süddeutsche Pfannkuchen Omelett/e, wobei die Süddeutschen als Omelett einen Fladen bezeichnen, der ausschließlich aus Eiern in der Pfanne gebraten wird – ein Eierkuchen.

Omelette
Omelette

Die Franzosen würden den badischen Pfannkuchen als Crêpe bezeichnen, dieser ist allerdings viel dünner als der typische südwestdeutsche Pfannkuchen. Damit gemeint ist in jedem Fall, was andernorts Eierkuchen, Eierpfannkuchen, Palatschinken oder Flädle genannt wird. Für die Badener sind Flädle im Übrigen in dünnste Streifen geschnittene Eierpfannkuchen mit Schnittlauch (für Flädlesuppe).

Die Berliner Pfannkuchen sind zudem auch in unterschiedlichen Formen erhältlich und können auch getarnt als „Faschingsbrezel“, „Faschingskrapfen“ oder „Fastnachtsküchle“ auftreten. Verwandt mit dem Teig des Berliner Pfannkuchens ist übrigens der Donut.

Zusammenfassung

Es muss nicht immer das Ausland sein, um auf vermeintlich fremde Sprache zu treffen. Was im Süden Berliner genannt wird, kennen die Berliner nur als Pfannkuchen, womit die Badener was ganz anderes bezeichnen und Omeletts auch nur aus ausschließlich Eiern backen. So finden sich in ganz Deutschland nicht nur unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dasselbe Gebäck, sondern auch noch gleiche Bezeichnungen für ganz unterschiedliche Sachen. Schilderlesen, Bilder vergleichen und mit dem Finger drauf zeigen kann im ärgsten Fall dann vielleicht doch zum Erfolg beim Bäckereinkauf führen.

Euer Team von meincupcake.de


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